Kerntext von HOLON Teil B


Für eine friedliche, faire und kooperative Zivilisation

Joachim Sturzenegger 28.9.2007

1. Was wollen wir ?

Wir anerkennen einerseits die Fülle erfreulicher technischer und psychosozialer Errungenschaften, welche die Menschheit bisher entwickelt hat. Ihnen verdanken wir die massive Verminderung vieler Nöte, wohl noch nie da gewesene individuelle Entfaltungsmöglichkeiten und ein bemerkenswertes Niveau sozialen Ausgleichs. Wir denken dabei an die Vervielfachung der materiellen Produktivkräfte, den Zuwachs an psychosozialen Fähigkeiten, die Flexibilisierung von Geschlechter- und anderen Rollen und schließlich an Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Sozialversicherungen.

Andererseits erkennen wir, dass diese Errungenschaften je nach Region, Schicht und Individuum sehr ungleich entwickelt sind und dass es – auch bei den relativ Privilegierten – noch ein gerütteltes Maß ungelöster Probleme gibt. Drei davon – die Umweltbelastung, die Massenvernichtungswaffen und die Bevölkerungszunahme – bedrohen sogar die Grundlagen unserer Zivilisationen.

Wir wollen deshalb eine Verbesserung der Lebensweise auf unserem Planeten in dem Sinn, dass daraus für alle Lebewesen mehr Freude und weniger Leiden resultiert. Wir wollen eine solche Verbesserung,

· weil wir sie für dringend nötig halten angesichts der leidvollen Missstände, die vehement nach Veränderung rufen: die immer noch weit verbreiteten Schwierigkeiten von Menschen mit sich selber und ihren Mitmenschen; die fortbestehenden vielfältigen Formen von Fremdbestimmung; die sogar wachsende Ungerechtigkeit der Verteilung von Ressourcen, Arbeit, Einkommen, Besitz und Macht; der trotz laufend steigender Produktivität immer größer werdende Stress in der Arbeitswelt; die aus all dem resultierenden psychischen, sozialen und politischen Spannungen; die fortschreitende Beeinträchtigung unserer natürlichen Lebensgrundlagen und schließlich auch die vielen Formen der Verschwendung von Lebensenergie für Vermeidbares oder wenig Befriedigendes etwa in den Bereichen Sicherheitsapparate, Gesundheitswesen, Werbung, Prestigeausgaben etc.,

· weil wir sie angesichts der menschlichen Lernfähigkeit auch für durchaus möglich halten und

· weil sie unserem Wesen entspricht, d.h. der natürlichen Neigung von uns allen, Unangenehmes in Angenehmes zu verwandeln.

2. Wovon gehen wir aus ?

Wenn wir die Lebensweise von uns Menschen verbessern wollen, müssen wir zuerst erkennen, mit welchen Eigenschaften wir ausgestattet sind. Dabei gilt es zu unterscheiden zwischen fixen oder schon angeborenen und variablen oder erst durch Entwicklung erwerbbaren Eigenschaften.


2.1 Fixe oder schon angeborene Eigenschaften unserer „condition humaine“

Sinn, „Saft“ und Erfüllung unseres Lebens sind die dabei erlebten Gefühle. Wir suchen Erfahrungen um der dabei erlebten Gefühle willen. Wir sind Gefühlssucher.

Wir ziehen die angenehmen Erfahrungen den unangenehmen vor, auch wenn letztere als Erlebensqualität an sich, als Kontrast zu den angenehmen und als Entwicklungsansporn ebenfalls wichtig sind. Wir wollen Freude mehren und Leiden mindern. Wir sind Freudesucher.

Es gibt verschiedene Arten von Gefühlen: Primäre Gefühle sind alle direkt mit Erfahrungen verbundenen emotionalen Gestimmtheiten von sehr angenehmen bis sehr unangenehmen. Unter ihnen gibt es eher rezeptive Gefühle als Resonanz auf uns Zustossendes, eher aktive im Sinn von Lust haben auf etwas und eher hintergründige im Sinne von umweltunabhängigen inneren Stimmungen. Sekundäre Gefühle sind solche, mit denen wir auf primäre reagieren. Sie dienen vor allem der Vermeidung von unangenehmen primären Gefühlen, führen uns aber auch von der kostbaren und letztlich allein befriedigenden unmittelbaren Erfahrung des Lebens weg. Sie können sich – wie etwa Angst und Wut – gegen unangenehme Gefühle wenden oder – wie alle Arten von Gier – angenehme Gefühle erzwingen wollen.

Wir ko-kreieren unser Leben, unsere Zustände und unsere Umstände selber. Dies ist zwar begrenzt durch die vorhandenen natürlichen und kulturellen Rahmenbedingungen. Letztere gestalten wir jedoch zusammen mit allen Mitbeteiligten ebenfalls selber.

Wir sind dabei innerhalb unserer bisher erschlossenen Wahlmöglichkeiten frei, tragen aber auch die Folgen unseres Verhaltens. Wir können unser Leben nach unserem Gusto gestalten, lösen aber durch unser Verhalten auch mannigfaltige materielle, emotionale und mentale Echos aus.

Wenn wir also glücklich werden wollen, müssen wir die Mitbetroffenen einbeziehen und mit ihnen zusammenarbeiten.

Das Leben enthält viele Aspekte: essenzielles und manifestes Sein, Kerngefühle und oberflächliche Empfindungen, Männliches und Weibliches, Gestalten und Empfangen, Stoffwechsel und Denken, ein Individuum und Teil eines großen Ganzen sein etc.. Um erfreulich zu leben, müssen wir mit all diesen Aspekten differenzierend und integrierend umgehen lernen und damit ganz werden.

Der „Leim“, der alles nährt und zusammenhält, ist Liebe als Empfindungsfähigkeit und Wohlwollen für alle Elemente dieses „wilden Lebens“. Denken als bei uns Menschen besonders ausgeprägte – wenn auch häufig zuwenig oder ineffizient genutzte – Fähigkeit spielt dabei eine wichtige Rolle. Wirklich segensreich wirkt es jedoch nicht als Herr im Hause, sondern als Diener der Anliegen der Seele, des Herzens oder der Kerngefühle.

2.2 Variable oder erst durch Entwicklung erwerbbare Eigenschaften

Die Welt ist für uns zunächst einmal ein faszinierendes und zum Teil aber auch bedrohliches Rätsel. In diesem Rätsel zu angenehmen Gefühlen, Freude oder Glück zu kommen, ist angesichts der Vielschichtigkeit des Lebens, der häufigen Widerspenstigkeit der Natur sowie der Widersprüche zwischen menschlichen Bedürfnissen eine Kunst: Lebenskunst. Dank unserer angeborenen Lust auf Erfahrung und unserer Fähigkeit zu lernen können wir sukzessive das Rätsel „Welt“ verstehen und mit ihm auf geschickte und erfreuliche Weise umgehen.

Lebenskunst entwickelt sich von schwachen und anfängerhaften zu starken und meisterlichen Fähigkeiten. Dazwischen sind wir immer wieder Lehrlinge. Dabei sind wir meist in gewissen Bereichen fortgeschrittener als in andern und zeigen auch von der momentanen Verfassung und den äußeren Umständen abhängige Schwankungen unserer Geschicklichkeit.


Glück als erfreulicher innerer Zustand bei – wünschbar, jedoch nicht notwendigerweise – angenehmen äußern Umständen hat seinen Preis: Es braucht Energie, Zeit und Disziplin für die Entwicklung eigener Lebenskunst, die Pflege erfreulicher Beziehungen und die Verbesserung der Rahmenbedingungen.

Wohlbefinden, Freude oder Glück sind der Ausdruck davon und auch der Lohn dafür, dass wir mit uns selber und unserer Umgebung angemessen, d.h. wesensgerecht und geschickt umgehen. Leid hingegen bedeutet, dass wir uns unangemessen verhalten. Unsere (primären) Gefühle von starkem Schmerz bis zu großer Freude sind deshalb nicht nur der Sinn unseres Lebens, sondern auch der einzige verlässliche Kompass dafür, ob wir uns angemessen verhalten.

Die Entwicklung von Lebenskunst hat einen technischen (Umgang mit tatsächlich oder vermeintlich gefühllosen Dingen) und einen emotionalen Aspekt (Umgang mit eigenen und fremden Gefühlen, Empfindungen, Wünschen und damit Beziehungen). Die meisten der oben genannten Missstände haben viel mehr mit einem Mangel an emotionaler als an technischer Lebenskunst zu tun.

Die Entwicklung von emotionaler Lebenskunst und insbesondere Beziehungskunst ist deshalb besonders dringlich und durchläuft die folgenden Phasen:

1. naives und passives Erwarten (P1)

2. ängstliches und unterwürfiges Gefallen (P2)

3. aggressives, Herrschaft und Vorteile anstrebendes Kämpfen, wie die vorhergehenden Phasen basierend auf einem kindlichen Mangel an Selbständigkeit und daraus folgender Abhängigkeit von der Versorgung durch andere (P3)

4. demokratisches und faires Kooperieren zwischen allen Menschen und mit der Natur, basierend auf erwachsener Selbständigkeit sowie der Bereitschaft und Fähigkeit zu gleichberechtigtem Verhandeln und fairem Teilen (P4)

5. innerem Reichtum entspringendes großzügiges Dienen, basierend auf weiter fortgeschrittenen, zu innerer Fülle, bedingungsloser Liebe und äußerer Macht führenden meisterlichen Fähigkeiten (P5).

3. Was steht an ?

Wenn wir unsere Gesellschaften auf einen erfreulicheren und auch nachhaltigen Kurs bringen wollen, ist vor allem ein Phasen-, Grundmuster- oder Paradigma-Wechsel vom gegeneinander Kämpfen (P3) zum miteinander Kooperieren (P4) nötig.

Dieser Wechsel oder Entwicklungssprung bedingt

· die Verbreitung des Bewusstseins, dass Kooperieren vorteilhaft, nötig und möglich ist

· die Verbreitung der Arbeit an sich selber zur Entwicklung der individuellen Fähigkeiten, welche eine kooperative Lebensweise erst ermöglichen

· das Knüpfen von kooperativen Beziehungen, Gemeinschaften und Netzen

· die Verwirklichung kooperativer politischer Rahmenbedingungen.

Dies wird in den drei nächsten Abschnitten näher ausgeführt.

4. Zur Arbeit an sich selber

Die Entwicklung der folgenden fünf individuellen Fähigkeiten ist besonders wichtig für einen erfreulichen, weil kooperativen Umgang mit sich selber und dem Rest der Welt:

Die volle Selbstverantwortung für das eigene Leben übernehmen und andern zugestehen (außer bei noch nicht oder nicht mehr Verantwortungsfähigen). Damit ist Folgendes gemeint: Wir übernehmen die volle Verantwortung für das eigene Leben und gestehen dasselbe allen andern zu. Wir hören auf, Versorgungs-Erwartungen an andere zu richten und von andern zu übernehmen. Wir werden physisch, emotional und mental selbständig und fördern dasselbe bei andern. Dazu gehört allerdings auch, dass wir uns selber und andern Zugang zu den dazu nötigen Ressourcen verschaffen. Wir hören auf, ohne Indizien zu glauben, und beginnen zu erforschen, wie das Leben wirklich funktioniert. Wir wählen selber, wie wir es leben wollen, und tun, was dazu nötig ist.

Alles, was ist und war, annehmen, ausfühlen und verstehen. Dazu gehört Folgendes: Wir hören auf, was ist und war zu verurteilen, und erkennen stattdessen den ihm innewohnenden Wert sowie seinen potenziellen Nutzen für unsere Entwicklung. Dabei ist es wichtig, Leben hemmendes Verurteilen von Leben förderndem Beurteilen zu unterscheiden: Ersteres bezeichnet etwas als nicht existenzberechtigt und verhindert ein tieferes Verständnis desselben; Letzteres wägt Aufwand und Gewinn von verschiedenen Möglichkeiten ab und ist die Voraussetzung dafür, dass wir die hinsichtlich Mehrung von Freude und Minderung von Leiden günstigste Variante wählen können. Wir hören auf, uns gegen das Fühlen von was ist und war zu sträuben, auch wenn es sich um Unangenehmes handelt. Stattdessen lassen wir alle auftauchenden primären Gefühle voll zu und lösen sie dadurch auch wieder auf (Gefühle sind an sich fließend und deshalb vergänglich). Wir versuchen so weit als nötig und möglich zu verstehen, wie Erfahrungen zustande gekommen sind, und lernen daraus. Durch all dies ernten wir, was wir gesät haben, gewinnen die Früchte unserer Erfahrungen und verbinden uns wieder mit Abgewehrtem.

Die eigene Mitte erfühlen. In ihr finden wir so etwas wie einen ruhenden Pol, eine innere Heimat und schließlich eine nicht von äußeren Bedingungen abhängige innere Fülle. Dies erreichen wir, indem wir aufhören, uns mit den äußeren Erscheinungen zu identifizieren, indem wir unsere erfahrende Mitte erfühlen und indem wir uns dem reinen formlosen Sein hingeben und von ihm füllen lassen.

Fühlen und tun, was das Herz erfreut. Wenn etwas unser Herz erfreut, entspricht es unserem Wesen. Unser Herz oder Kerngefühl ist auch so etwas wie unser Harmonie-Organ: Wenn es sich wirklich wohl fühlt, haben wir einen harmonischen Zustand in uns und mit unserer Umwelt erreicht.

Nota bene haben die letzten drei Praktiken alle damit zu tun, uns wieder mit unseren Gefühlen zu verbinden: den rezeptiven, den essentiellen und den kreativen. Man könnte sie auch als die Entwicklung von drei Arten von Liebe bezeichnen.

Bei Konflikten faire Lösungen aushandeln. Das Ziel ist hier, für alle Beteiligten ihrer Eigenart entsprechende Perspektiven zu finden. Dazu braucht es Folgendes: Wir sind bereit, gleichberechtigt zu verhandeln und ganzheitlich gerecht zu teilen. Wir akzeptieren, erkennen und verstehen die Empfindungen und Wünsche aller Beteiligten. Wir sind kreativ in der Entwicklung von Lösungen, die allen beteiligten Wünschen gerecht werden. Dies kann auch heißen, getrennte Wege zu gehen. Wir ziehen, wenn nötig, externe Mediatoren hinzu. Und schließlich setzen wir gegenüber Menschen, die in kindlichen Mustern verharren, Grenzen und weisen sie auf befriedigendere Möglichkeiten hin.

5. Zum Knüpfen kooperativer Beziehungen

Erfreuliche und kooperative Beziehungen, Gemeinschaften und Netze gelingen umso besser, je mehr die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

· die unter 4. beschriebenen Fähigkeiten bei den betroffenen Individuen

· die stimmige Auswahl der Menschen, mit denen wir uns verbinden, basierend auf gegenseitiger Sympathie („guter Chemie“), ähnlichen Wünschen und komplementären Fähigkeiten

· das Aushandeln und Einhalten eines Konsenses über gemeinsame Kommunikations- und Kooperationsregeln

· die unter 6. beschriebenen politischen Rahmenbedingungen.

6. Zum Einrichten kooperativer politischer Rahmenbedingungen

Während es sich im Kapitel 5 um auf der Basis von gegenseitiger Affinität und Verträglichkeit mehr oder weniger frei wählbare Beziehungen handelt, sind politische Organismen von den Gemeinden bis zur UNO Zusammenschlüsse aller Bürger, die ein bestimmtes Gebiet bewohnen. Nicht nur die Menge der beteiligten Menschen, sondern auch die Verschiedenheit ihrer Wünsche und Ansichten machen den politischen Prozess, das heißt, das Finden und Einrichten gemeinsamer Regeln und Institutionen, zu einem aufwändigen, jedoch unentbehrlichen Unternehmen. Die dadurch zu erarbeitenden politischen Rahmenbedingungen sollen so gestaltet werden, dass sie allen gleiche Chancen bieten und angemessene Beiträge abverlangen und dass Freude mehrende und Leid mindernde Verhaltensweisen gefördert und gegenteilige behindert werden.

Dies hat viel mit der Herstellung von vollständiger Demokratie und ganzheitlicher Gerechtigkeit zu tun.

Vollständige Demokratie könnte man auch als Bestimmungsgerechtigkeit bezeichnen: Alle bestimmen grundsätzlich selber bzw. zusammen mit den Mitbetroffenen über ihre Angelegenheiten. Dies entspricht einer vieldimensionalen, auf alle Lebensbereiche und insbesondere die Wirtschaft ausgedehnten Demokratie.

Ganzheitliche Gerechtigkeit muss insbesondere die folgenden Elemente oder Pole enthalten:

· Freiheit: Jeder soll grundsätzlich tun können, was ihn „anmacht“ und damit nach seiner eigenen Façon „selig“ werden.

· Gegenpol Rücksicht: Die eigene Freiheit findet ihre Grenze an der gleichen Freiheit aller andern.

· Bedürfnisgerechtigkeit: Diese beinhaltet einerseits Chancengerechtigkeit – alle haben am Ausgangspunkt ihres Lebens grundsätzlich gleichen Zugang zu materiellen und bildungsmäßigen Ressourcen – und andererseits Unterstützung bei Not infolge eigener Schwächen oder ungünstiger Umstände.

· Gegenpol Leistungsgerechtigkeit: Jeder soll die Früchte ernten können, die er gesät hat.

· Erhaltung: Was durch Natur und Kultur an Erfreulichem hervorgebracht worden ist, soll erhalten und gepflegt werden.

· Gegenpol Entwicklung: Das Leben steht nie still und enthält auch eine Kraft, die auf die Entwicklung von neueren, komplexeren, raffinierteren Spielarten drängt. Auch diesen und damit Forschung und Bildung ist neben dem schon Bewährten Raum zu geben.

Damit im geschilderten Sinn vollständig demokratische und ganzheitlich gerechte Rahmenbedingungen etabliert werden, braucht es die folgenden politischen Reformen (für näher Interessierte sind sie in unserem „Entwurf einer kooperativen Wirtschaftsordnung“ genauer beschrieben. Er kann von unserer Webseite heruntergeladen werden).

· Reformen zur Herstellung von vollständiger Demokratie:

o Repräsentative und direkte politische Demokratie ist einzurichten, wo sie fehlt, und auszubauen, wo sie schon besteht. Dies beinhaltet auch die Verfeinerung von einer Diktatur der Mehrheit zu einer Konkordanz aller gesellschaftlichen Kräfte. Dabei sind die politischen Organismen von kommunal bis global so zu gliedern, dass sie den sozialen und geografischen Zusammenhängen entsprechen. Die politischen Aufgaben sind der Ebene zuzuteilen, die dafür am besten geeignet ist.

o Die Massenmedien als wichtigstes allgemeines Informationsinstrument sind zu demokratisieren und damit der Vorherrschaft partikulärer Kapitalinteressen zu entziehen.

o Die wirtschaftlichen Unternehmen sind zu demokratisieren im Sinne angemessener Mitbestimmung und Mitbeteiligung aller, die in ihnen arbeiten.

· Reformen zu Herstellung von Bedürfnisgerechtigkeit:

o Chancengleichheit ist herzustellen hinsichtlich Bildung und Ausbildung sowie finanziellem Startkapital, Letzteres gespeist durch eine genügend große Erbschaftssteuer.

o Vollbeschäftigung: Sie beinhaltet insbesondere ein Recht auf Erwerbsarbeit für alle Arbeitsfähigen und damit die Möglichkeit, das materielle Überleben und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben aus eigener Kraft und ohne Not zu sichern. Sie ist herzustellen durch Schulung und Umschulung, so weit wie nötig staatliche Arbeitsprojekte und Arbeitszeitreduktion.

o Materielle Existenzsicherung ist herzustellen durch eine negative Einkommensteuer für trotz Vollzeitarbeit zu wenig Verdienende, durch eine Erwerbsausfall-Versicherung für Kranke sowie durch Invaliden- und Altersrenten für Invalide und Alte.

· Reformen zur Herstellung von Leistungsgerechtigkeit:

o Marktwirtschaft: Marktwirtschaft mit ihrem Wettbewerb ist ein wichtiges Instrument zur Förderung von Effizienz und zur Honorierung von Leistung. Sie muss geschützt werden gegen Verzerrungen durch Oligopole und Kartelle. Sie muss aber auch gezähmt werden, damit die schwächeren Marktteilnehmer und die Natur nicht unter die Räder kommen.

o Abschaffung aller leistungslosen Erträge aus Besitz: Diese Erträge sind der wichtigste strukturelle Grund für die ungerechte Verteilung von Einkommen, Besitz und Macht. Sie gehören deshalb abgeschafft bzw. auf ein volkswirtschaftlich sinnvolles Maß reduziert.

o Leistungsgerechte Besteuerung: Sie beinhaltet eine materielle Steuerharmonisierung sowie die Schließung der Steuerschlupflöcher und orientiert sich sowohl an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wie am beanspruchten Konsum.

· Naturerhaltung:

o Nutzung und Immissionen sind zu beschränken auf ein nachhaltiges Niveau.

o In den entwickelten Ländern muss der Verbrauch materieller Ressourcen vermindert werden, was ein weiteres Wachstum von Wertschöpfung und Lebensqualität keineswegs ausschließt.

o In den Entwicklungsländern muss die materielle Not der Menschen behoben werden, so dass sie die Möglichkeit bekommen, sich auch um die Natur zu kümmern.

· Bindung des freien Handels an faire Regeln:

o Freier Handel soll nur innerhalb von Wirtschaftsräumen mit ähnlichen Regeln stattfinden. Marktwirtschaft braucht zivilisierende Regeln, wenn sie allen dienen und nicht zu einem catch-as-catch-can zu Gunsten der Stärksten und Rücksichtslosesten entarten soll. Diese Regeln müssen insbesondere die Arbeitsbedingungen, den Umgang mit der Natur und die Art der Besteuerung fair regeln. Wirtschaftsräume mit solchen Regeln müssen durch Zölle vor unfairer Konkurrenz aus weniger zivilisierten Regionen mit geringeren Standards geschützt werden.

o Gleichzeitig sollen diese durch Entwicklungshilfe gefördert und gefordert werden unter sorgfältiger Berücksichtigung ihrer besonderen Handicaps und Potenziale.

o Dies soll schließlich in einer ferneren Zukunft die Einrichtung und Durchsetzung von global gültigen ganzheitlich gerechten Standards ermöglichen.


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